Die Geschichte
Das Haus an der Hangkante
Von Architekt Thomas Frank
Als das Haus 2018 zum Verkauf stand war es stark heruntergekommen, das Nebengebäude ruinös. Das Besondere aber war der Ort:
Als letztes Haus nordseitig der Museumsstraße stand es genau an der Hangkante, bevor Landschaft und Straße hinunter zum Reschbachtal abfallen. Der Blick schweifte über das Tal bis hin zur Bergkette mit dem Lusen. Von der Südseite sah man das Dorfzentrum von Finsterau mit seiner Granitsteinkirche, auf der Nordseite lagen im Sommer wild blühende Magerwiesen. In der Birke vor dem Haus spielte der Wind.
Ich konnte mir vorstellen, dass man sich nach einigen Eingriffen und Veränderungen hier sehr wohl fühlen könnte. Ein Ort, an dem man einfach „da“ sein konnte.
Durch den Abbruch des Nebengebäudes stand das Haus dann plötzlich als Solitär in der Landschaft. Wie die alten traditionellen Häuser der Gegend erhielt es eine Holzverkleidung aus sägerauer Fichte und ein mit Blech gedecktes Dach. Das Dach wurde auf der Ostseite heruntergezogen, so dass ein geschützter Eingangsbereich entstand.
Die Fenster sollten nicht nur die Innenräume belichten, sondern vor allem die Landschaft im Haus inszenieren. Öffnungen wurden sparsam und überlegt gesetzt, teilweise wurden bestehende Fenster wieder vermauert.
Die Räume im Erdgeschoss wurden mit Wanddurchbrüche zu ineinander übergehende Raumzonen verbunden. Zwei hohe Fenster öffnen das Erdgeschoss nach Norden und nach Süden, wo dem Haus zwei „schwebende“ Holzdecks vorgelagert wurden.
Auf dem kleinen Holzdeck auf der Südseite kann man schon früh im Jahr die Sonne genießen, den Blick über Finsterau schweifen lassen und dem Wind in der Birke zuhören. Auf dem großen Holzdeck an der Rückseite hat man manchmal das Gefühl, über der Wiese zu schweben, über das Reschbachtal bis hin zur Bergkette im Westen.
Die Geschichte einer wundervollen Entdeckung
Im September 2020 habe ich das Haus entdeckt, im Internet, als es zum Verkauf ausgeschrieben war. Ich war schnell, rief die Maklerin gleich an und war die Erste, die es besichtigte. Nach mehr als 7 Jahren Suche wußte ich, daß ich schnell sein musste. Das Interesse war immens, es gab über 30 Mitinteressenten für den Kauf.
Bei meinem ersten Besuch im Halbdunkeln war ich spät dran, ich raste durch den halben bayerischen Wald, um pünktlich zu sein. Ich rief die Maklerin an und bat sie, auf alle Fälle auf mich zu warten. Ich spürte, dass es wichtig war, das Haus als Erste zu sehen.
Als ich im Wohnzimmer stand, berührte mich sofort die besondere Offenheit und Leichtigkeit. Der Dielenboden leuchtete, durch die Fenster sah ich auf die großen Bäume, in die Wiesen. Die Maklerin erzählte mir von Thomas Frank, und zeigte mir die Broschüre vom Holzbaupreis Bayern 2014. Ich erkannte das Haus, für das Thomas Frank und Hans Frisch ausgezeichnet worden waren. Mir war es 2014 im Internet aufgefallen, als es verkauft wurde. So war es bestimmt kein Zufall, dass ich diesen Ort gefunden hatte.
Jedes Mal, wenn ich nun von München aufbreche, um nach Finsterau zu fahren, hüpft mein Herz vor Freude. Ich kann es kaum erwarten, hierher zu kommen: die Grillen zirpen zu hören, Lucia zu begrüßen und auf dem Holzdeck die Lichtspiele im Abendhimmel zu beobachten. Die Geborgenheit, der Frieden und die Freiheit, die ich hier spüre, sind für mich ein großes Geschenk.